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Maria von Linden Calw Gymnasium

"Mit Vertrauensvorsprung ins neue Amt", Bericht des Schwarzwälder Boten über den neuen Schuleiter am MvLG

Erstellt von Bianca Rousek/Roland Stöß |

Seit 24 Jahren ist Matthias Heidenreich als Lehrer am Maria von Linden-Gymnasium (MvLG) tätig. Jüngst wurde er offiziell in seinem neuen Amt als Schulleiter begrüßt. Doch die Freude währte kurz: Denn nun ist die Schule wegen mehrerer Corona-Fälle erst einmal zu. Für Heidenreich eine absolute Ausnahmesituation.

Calw-Stammheim. Zum Einleben hatte Heidenreich, neuer Rektor am MvLG, praktisch keine Zeit. Gut, dass er schon fast ein halbes Jahrhundert an der Schule tätig ist und somit "alle Personen, Kooperationspartner und Abläufe" kennt, meint er. "Auch viele Schüler und Eltern kenne ich persönlich, deshalb habe ich hier einen großen Vertrauensvorsprung."

Dieser könnte ihm gerade in der aktuellen Situation zugute kommen. Denn aufgrund von aktuell sieben Corona-Fällen in der Jahrgangsstufe 2 des Gymnasiums wurde die gesamte Schule für zwei Wochen geschlossen. "Für jemanden der die Verantwortung für die Schule trägt, ist solch eine Ausnahmesituation immer belastend", räumt er ein. Aber viele Probleme löse man im Schulleitungsteam gemeinsam. "Ohne die Unterstützung und Koordination dieses Teams und unserer beiden Sekretärinnen samt Hausmeister würde es nicht funktionieren", zeigt er sich dankbar. Unabhängig davon müsse Heidenreich nun auch bestimmte Entscheidungen alleine treffen.

Mehr als diese Tatsache oder die aktuelle Situation belasten den neuen Schulleiter jedoch die zahlreichen Falschinformationen, die durch verschiedene Quellen verbreitet werden und dadurch eine Eigendynamik entwickeln, sagt er. Dabei sei die Schule bestrebt, grundsätzlich so transparent wie möglich mit der Situation umzugehen. So würden die Eltern und Schüler beispielsweise über Mails, Videokonferenzen oder die schuleigene Homepage über aktuelle Entwicklungen informiert.

Online läuft derzeit auch der Unterricht ab. "Aufgrund der Erfahrungen vom Frühjahr hat die Umstellung auf Homeschooling ohne Probleme funktioniert", freut sich Heidenreich. Schon im vergangenen Jahr sei am MvLG eine Plattform eingeführt worden, über die die Kommunikation zwischen Schülern und Lehrern ablaufe. Und auch der Unterricht per Chat oder Videokonferenzen funktioniere laut Heidenreich "reibungslos". Einzig die neuen Fünftklässler haben noch keine Erfahrung mit diesem System. Diese bekommen aber Hilfe durch ein Team von Lehrern.

Das Kollegium unterstütze die für den Fernunterricht notwendigen Maßnahmen vorbildlich, lobt Heidenreich. Und auch die Eltern trügen die Entscheidung, die Schule für eine Zeit zu schließen, mit – ebenso wie die Schüler.

Geschwindigkeit und Elan

Apropos Entscheidung: Diese sollten nicht aus Zorn, Trauer, Furcht oder Freude gefällt werden, sondern objektiv. Das zumindest sagte Sandra Müller, Lehrerin an der Stammheimer Schule, bei der offiziellen Einsetzung Heidenreichs. Sie spannte damit den Bogen zu den "Star Wars"-Filmen, von denen der neue Rektor ein großer Fan ist. Und weiter: Wer die Macht habe – um die es in den Filmen ja oftmals geht – sei meist froh, wenn ihm Ratgeber, hier die Kollegen, zur Seite stünden. In deren Namen hieß der stellvertretende Schulleiter Christian Scherer seinen "lieben Matthias" mit "großer Freude herzlich willkommen". Heidenreichs Geschwindigkeit und Elan stärke Scherers Gefühl, dass "du gerade darauf brennst, Probleme zu lösen." Und die dürfte es aufgrund der aktuellen Entwicklungen zu Genüge geben.

Ehemals Schüler

So wagte Matthias Thies im Namen des Karlsruher Regierungspräsidiums die Prognose: "Diese besonderen Zeiten werden zum Normalfall". Thies ließ vergangene Momente aus der Vita des frisch gekürten Schuldirektors aufblitzen. Verglichen mit Grundsätzen der Schnittmengen aus der Mathematik, eines von Heidenreichs Fachgebieten, stellte Thies einen Bezug zu einem Lehrer-Kollegium, dessen Zusammensetzung und Leistungsfähigkeit her. Oder zur "schiefen Ebene" in der Physik. "Auch in der Schule kann etwas in Schieflage geraten. Da ist dann der Schulleiter gefordert."

Der Örtliche Personalrat (ÖPR) löste auf, was sich hinter manchen Kürzeln im Schulbetrieb verbirgt. Zu "MH" konnten sie frei nach Pestalozzi "Mit Hirn, Herz und Hand" herausfinden. Doch man wünsche dem "Neuen" auch "Mit Humor". Mit Heidenreich wüssten sie einen Schulleiter bei sich, der selbst eigene ÖPR-Erfahrungen gesammelt habe. Deshalb hoffe man von deren Seite aus, dass er die bisher gekannte "Politik der offenen Tür und des offenen Ohres" beibeibehalte.

Oberbürgermeister Florian Kling als Vertreter des Schulträgers, der Stadt Calw, traute sich nicht, einen Vortrag oder ein Referat zu halten. "Das wäre unmöglich, weil zu viele Lehrer da sind, die dies dann zerpflücken würden", scherzte er. Kling war selbst Schüler bei Heidenreich und einiger dessen Kollegen. Seine Schulzeit am MvLG habe ihn intensiv geprägt und in ihm genau das erzeugt, was er heute als Heimatgefühl bezeichnen würde, so der OB. Ihm würde "warm ums Herz, wenn er die Schule betritt". Das Gefühl sei schon damals so stark gewesen, dass er sofort nach Schulende in den Freundeskreis des MvLG eingetreten war. Heute, so Kling, sei er Schulträger, der über enorme finanzielle Aufwendungen zum Wohle der Schule mitentscheiden dürfe. Für das MvLG spreche man von einem Budget von fast 200 000 Euro plus zwei Millionen Euro für die Digitalisierungsoffensive der Calwer Schulen. Ein kleines Bonmot vonseiten Klings: "Auch ohne ein Einser-Schüler zu sein, kann man Oberbürgermeister werden."

Georg Neumann, Vertreter der Gymnasien im Nordschwarzwald, begrüßte den Neuen im Kreise der Direktoren. Er wies zugleich darauf hin, dass Heidenreich schon seit Langem im Kreise als fachlich versierter Kollege anerkannt sei. Habe sich dieser schon mit eigenen Fortbildungsveranstaltungen hervorgetan.

Heidenreich selbst berichtete von einer Zeitkapsel, die er vor vier Jahren mit seiner damaligen Klasse 5 eingrub. In diesem Behältnis wurden Andenken, aktuelle Begebenheiten, eine Zeitung, ja sogar eine vakuumverpackte Bratwurst, aber auch Zukunftserwartungen verpackt. Die Kapsel sei auf dem Schulgelände an einem unbekannten Ort vergraben. Sie wird am 10. Mai 2023 um 11 Uhr ausgegraben – nach den letzten Abi-Prüfungen dieser erwähnten Klasse. In der Kapsel finde man auch einen Brief an sein Alter Ego im Jahre 2023. Was sicher nicht darin steht, so Heidenreich: Dass er diese Schule leiten würde. Seine Motivation zu dieser Entscheidung liege im Verhältnis zu "seinem MvLG": Nicht nur, dass er schon fast ein Viertel Jahrhundert hier lehre, auch seine Kinder haben dort ihren Abschluss gemacht.

Und auch in der derzeitigen Krise sehe er eine Chance. Heidenreichs Grundsatz: "Ich möchte begeistern, gestalten und als Vorbild vorangehen. Träumen ist erlaubt."

Matthias Heidenreich muss es als neuer Rektor sogleich mit der Herausforderung Corona aufnehmen. Foto: Stöß Foto: Schwarzwälder Bote Matthias Heidenreich muss es als neuer Rektor sogleich mit der Herausforderung Corona aufnehmen. Foto: Stöß