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Maria von Linden Calw Gymnasium

"Die Calwer Jungforscher bleiben neugierig", Zeitungsartikel über unsere Teilnehmer bei Jugend forscht

Die Calwer Jungforscher bleiben neugierig

Von Lukas Werthenbach 27.02.2018 - 18:10 Uhr

 Lässt sich Zucker aus Gras gewinnen? Ist Ackerbau auf fernen Planeten möglich? Und was macht man mit einer Magnetkanone? Antworten auf diese Fragen haben die Calwer Teilnehmer des "Jugend forscht"-Regionalwettbewerbs Nordschwarzwald.

 Altensteig/Calw. 99 Jungforscher im Alter zwischen neun und 21 Jahren haben sich mit insgesamt 56 Projekten in der Altensteiger Eichwaldhalle der Jury gestellt. Die Kategorien, jeweils mit den Altersgruppen bis und ab 14 Jahre: Arbeitswelt, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissenschaften, Mathematik/Informatik, Physik sowie Technik. Mittendrin: acht Schüler vom Calwer Maria von Linden-Gymnasium, die jeweils in Zweiergruppen an vier Projekten geforscht hatten.

Mit Magnetkanone und Ultraschall

Als Wiederholungstäter traten Manuel Rieß und David Maier beim diesjährigen Wettbewerb an. Die beiden 15-Jährigen hatten sich bereits vor zwei Jahren bei "Jugend forscht" mit der Stabilität von Betonklötzen beschäftigt. War damals noch das Ziel gewesen, die Belastbarkeit anhand eines "Bruch-Apparats" zu testen, ging es 2017 schon um die "zerstörungsfreie"­ Ermittlung der Stabilität von Beton. Für dieses Jahr haben David und Manuel nun ihre Messmethode weiterentwickelt. So kam auch der Titel ihres Projekts zustande: "Die Mischung macht’s III – zerstörungsfreie Untersuchung von Beton II".

Der Hintergedanke ihrer Forschung: Beton verliert mit zunehmendem Alter an Stabilität. Um zum Beispiel die Belastbarkeit von Brücken zu messen, wollen die beiden Calwer eine Methode ent­wickeln.

Für ihre Experimente haben sie eine Vorrichtung konstruiert, in der ein Betonklotz von zwei Schlaufen getragen wird. An einem Ende steht eine sogenannte Magnetkanone: "Die haben wir selbst gebaut", erklärt David. Außerdem steht an jedem der beiden Enden jeweils ein Lautsprecher. Mit der Kanone lässt sich ein Metallbolzen gegen den Betonklotz schießen. Auf einem Monitor ist zu erkennen, wie lang der durch den Aufprall erzeugte Schall auf seinem Weg durch den Klotz braucht. So lassen sich Rückschlüsse auf die Stabilität des Betons ziehen, wie die Jungforscher erklären. Zuvor hatten sie verschiedene Mengen an Styroporkörnern in mehrere Betonklötze gerührt, um damit unterschiedliche Stadien der Alterung zu simulieren. "Aber wir haben verschiedene Mechanismen entwickelt", sagt Manuel. Zwar sei die Methode mit der Magnetkanone bisher am "verlässlichsten" – doch würden Störsignale die Messung immer wieder verfälschen. Also haben sie sich zusätzlich an Ul­traschall-Sensoren aus der Robotik bedient – "und für unsere Zwecke umgebaut", so David.

Zwar sei dieses Verfahren vielversprechend, sagen die beiden, aber: "Wir wollen daran weiterforschen und schauen, wie der Ultraschall noch besser funktioniert". So sei es möglich, dass sie bisher das falsche Koppelmittel benutzen. Auch bessere Sensoren könnten sie vielleicht weiterbringen, wie sie sagen.

Erfolgreich sind David und Manuel jedenfalls jetzt schon: Sie belegten den zweiten Platz in der Kategorie Arbeitswelt und bekamen außerdem den Sonderpreis "Qualitätssicherung durch zerstörungsfreie Prüfung".

Heu als Quelle süßer Versuchung?

Den zweiten Preis im Fachgebiet Chemie und den Sonderpreis "Nachwachsende Rohstoffe" gewannen Pascal Schmidt und Lisa Hirschinger. Sie forschten unter dem Titel "Zukünftig Zucker aus Gras?". Auch Pascal und Lisa hatten bereits im vergangenen Jahr mit diesem Thema bei "Jugend forscht"­ teilgenommen. Sie dachten schon damals darüber nach, dass Pflanzenmaterial nicht nur für andere Pflanzen Nährstoffe liefern, sondern auch in der Nahrungsmittelindustrie nützlich sein könnte. Dazu gewannen sie aus der in den Zellwänden von Pflanzen enthaltenen Cellulose die chemische Verbindung Glucose: also Traubenzucker.

2017 hatten sie dazu noch Blätter als Grundlage genutzt, nun experimentierten sie mit Heu und Stroh. Unter anderem mit Magnetrührer und Zentrifuge gelang es ihnen schließlich, bräunliches Material namens Glucose zu gewinnen. "Es ist zwar nicht weiß wie industrieller Zucker, aber es ist echter Trauben­zucker", erklärt Pascal. Dabei haben die beiden Jungforscher einen Weg gefunden, dass die Enzyme in einem kugelförmigen Komplex eingeschlossen werden: So könnten die Enzyme über einen viel längeren Zeitraum genutzt und letztlich – ­gerade in der industriellen Produktion – Kosten gespart werden. Ganz so einfach ist die Gewinnung von Zucker aus Gras aber nicht. Zum Beispiel brauchten Lisa und Pascal Wasser und Desinfektionsmittel, um die Glucose ohne Gärung nachzuweisen. Anschließend wurden restliche Schmutzpartikel mit Filter und Zentrifuge vom Traubenzucker gelöst.

Abgesehen von ihren Auszeichnungen waren die beiden Calwer Schüler am Ende ihres Projekts zufrieden: "Aus acht Tonnen Gras kann man mit unserer Methode ungefähr 2,4 Tonnen Zucker gewinnen", rechnet Pascal vor. Im Vergleich zu ihrem Experiment im vergangenen Jahr sei die Menge des produzierten Zuckers deutlich gestiegen – vor allem durch den Einsatz eines Mixers und die Vorbehandlung des Pflanzenmaterials mit dem Enzym Pektinasen. Und an ihren aktuellen Forschungsstand lässt sich anknüpfen: "Das ist wahrscheinlich auch mit Algen möglich", so Lisa, "die brauchen ja nur Licht und CO2".

Auf der Suche nach dem perfekten Flügel

"Aalglatt oder rau?" Diese Frage stellten sich Lasse Tiedje und Marcel Schaible bei ihrem Projekt in der Kategorie Physik. Die beiden 13-Jährigen forschen mit dem Ziel, den Treibstoffverbrauch von Flugzeugen zu verringern – und erreichten damit in der jüngeren Altersklasse den zweiten Platz und den Sonderpreis für einen Baukasten.

Marcel und Lasse haben eigenhändig einen Windkanal gebaut, um darin den jeweiligen Auftrieb an unterschiedlich beschichteten, sogenannten Flügelprofilen zu testen: also an Querschnitten von Miniatur-Tragflächen. Ein Profil ist mit Vogelfedern bestückt, auf einem anderen kleben Strohhalme parallel zueinander, ein Profil ist mit Sand beschichtet, eines hat eine Styroporoberfläche, "und als Vergleichsoberfläche haben wir ein Profil mit Acrylfarbe geglättet", erklärt Lasse.

In den Windkanal der Marke Eigenbau stellten die beiden Schüler dann eine Waage und darauf nacheinander die verschiedenen Profile. Bei eingeschaltetem Wind wurde so ermittelt, wie viel leichter das Gewicht jedes einzelnen Profils durch den Auftrieb wurde. "Und das haben wir dann in Auftriebskraft umgerechnet", sagt Marcel. Um noch mehr Erkenntnisse zu gewinnen, war das nächste Ziel, den "Wind sichtbar zu machen", wie Lasse erläutert. "Dazu haben wir vom Fraunhofer-Institut eine Nebelmaschine geliehen bekommen."

Ein Problem sei aber gewesen, dass der Wind im Kanal zu schnell abgezogen wurde. Also hängten sie Watte in den Kanal: "Die haben wir mit Glycerin beträufelt und unter Strom gesetzt, damit es verdampft." Durch den entstandenen Rauch wurden endlich auch die Luftströme sichtbar: Beispielsweise bei der sandigen Oberfläche hätten sie eine Art "Zick-zack-Strömung" beobachtet, so Marcel. Diese Ergebnisse verglichen die Jungforscher dann mit den errechneten Auftriebskräften. Ihr Ergebnis: Am besten schnitt das "Federprofil" ab, gefolgt vom glatten Vergleichsprofil und dem Flügel mit den Strohhalmen. Schlechter sei der Auftrieb bei der rauen und der mit Styropor bestückten Oberfläche. Warum kleben also nicht schon längst Vogelfedern an jedem Flugzeug? "Die würden wohl durch Wettereinflüsse kaputt gehen", weiß Lasse.

Im nächsten Jahr wollen die beiden daher das Profil mit Strohhalmen weiter ausprobieren, wie Lasse ankündigt: "Und wir wollen die Profile mit 3-D-Drucker ausdrucken, damit sie akkurater sind."

Außerirdischer Ackerbau

"Ich schaue oft Nachrichten, und da heißt es ja immer wieder, dass neue Exoplaneten entdeckt wurden", erzählt Henry Piesch (14) zur Idee für das Forschungsprojekt, das er mit Florian Frank (13) gestartet hat. Exoplaneten sind Planeten außerhalb des Sonnensystems. "Und wenn man tatsächlich dort leben kann, muss ja auch Ackerbau möglich sein." Genau das wollten die beiden Schüler herausfinden. Ein Unterschied zwischen Erde und fernen Planeten seien die unterschiedlichen Tageslängen, wie Henry erklärt.

Also bauten sie eine Kiste, die kein Licht durchlässt. Und sie besorgten sich eine Lampe, eine Zeitschaltuhr sowie Kresse mit Behältern. Die Schalen mit der Kresse wurden in die Kiste gestellt und darin eine Lampe mit der Zeitschaltuhr verbunden. "Wir haben über längere Zeiträume verschiedene Tageslängen simuliert und die Kresse zweimal täglich fotografiert", sagt Henry.

Nach drei Tagen Dauerdunkelheit sei die Kresse plötzlich "hochgeschossen", und ihre Blätter färbten sich gelblich. Dabei handelt es sich um einen natürlichen Reflex: "Die Pflanze denkt, sie muss sich gegen Konkurrenz durchsetzen, um an Licht zu kommen", erklärt Henry. Da sie aber ohne Licht keine Nährstoffe produziert, stirbt sie wenig später ab.

Das Ergebnis der beiden Jungforscher, die von der Jury mit einem Experimentierkasten ausgezeichnet wurden: Solang die Kresse überhaupt Licht bekommt, wächst sie bei jeder Tageslänge – egal, ob bei vier, acht oder zwölf Stunden Lichteinfluss. "Dabei haben wir bisher aber Temperatur und Bodenverhältnisse ausgeklammert", schränkt der 14-Jährige ein. "Allein in Bezug auf Tageslicht wäre Ackerbau auf Exoplaneten also möglich." Die beiden Calwer Schüler bleiben aber neugierig: Sie forschen bereits mit Bohnenpflanzen, wohl auch mit dem Ziel einer "Jugend forscht"-Teilnahme 2019. "Die Bohnenpflanzen wachsen nicht so schnell", erklärt Henry. Außerdem würden sie im Gegensatz zur Kresse blühen und später Früchte tragen, was weitere Erkenntnisse ermögliche.

David Maier (links) und Manuel Rieß wollen die Stabilität von Beton zuverlässig messen. Fotos: Fritsch