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Maria von Linden Calw Gymnasium

"Offenen und berührende Berichte geben Flucht ein Gesicht"

Bericht über das Kulturcafé im Schwarzwälder Boten

"Offene und berührende Berichte geben Flucht ein Gesicht", Bericht im Schwarzwälder Boten am 25.11.2016

Calw-Stammheim. Durch die offenen und berührenden Berichte von drei Männern, die ihre Heimat verlassen mussten, bekam das Thema Flucht für die Besucher des Kultur-Cafés am Stammheim Maria-von-Linden-Gymnasium ein Gesicht.

 


Ehrenamtliche Helfer
Die beiden Syrer Hassan Abo Kaff und Samer Samra sowie Mansur Mahmoud aus Eritrea erzählten von sich, ihren Familien, ihrer Heimat, der gefährlichen Flucht und dem, was sie in Deutschland seit ihrer Ankunft erlebt haben. Samer Abdelal umtrahmte den Abend mit arabischer Musik.
Der größte Teil der Flüchtlinge, die derzeit im Landkreis Calw in Gemeinschafts- und Anschlussunterkünften oder bereits in eigenen Wohnungen untergebracht sind, kommt aus Syrien, Afghanistan sowie dem Irak. Bettina Schöttmer, die Vorsitzende des Freundeskreises Asyl in Gechingen, gab den Zuhörern im Foyer der Schule einen Überblick über die Arbeit der ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagierten Helfer. Im Landkreis Calw gibt es 25 solcher Arbeitskreise Asyl, und neben den Sozialarbeitern sind diese freiwilligen Helfer Ansprechpartner in allen Fragen sowie häufig auch die ersten Bezugspersonen, in dem für die meisten völlig fremden Land.
"Woran erkennt man eigentlich einen Flüchtling?", fragte Schöttmer und gab im Verlauf ihrer Ausführungen die Antwort: "Es sind Menschen wie du und ich." Zen­trales Anliegen der in der Flüchtlingshilfe engagierten Helfer sei es, den Ankommenden mit Herzlichkeit sowie Wärme zu begegnen und ihnen Hilfestellungen im Alltag zu geben. Sprachkurse, Gesundheitsvorsorge, Schule und Kindergarten, Behördengänge, das Ausfüllen von Formularen, Nahverkehr, Einkaufsmöglichkeiten, sinnvolle Freizeitgestaltung sowie vieles mehr seien Bereiche, in denen die Ehrenamtlich den Flüchtlingen mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Welches Ausmaß die Papierflut annimmt, die mit der Ankunft in Deutschland und dem Asylantrag über die Menschen hereinbricht, verdeutlichte Schöttmer mit einem Foto von ihrem heimischen Schreibtisch, auf dem sie die Akten eines Flüchtlings ausgebreitet hatte. "Ordner ist eines der ersten Worte, das die Menschen auf Deutsch lernen", so Schöttmer. Darüber hinaus tragen die Arbeitskreise Asyl dazu bei, Vorbehalte abzubauen und sind ein Bindeglied zwischen Bürgern sowie Flüchtlingen.
In Lattakia, einer an einer malerischen Küste gelegenen syrische Hafenstadt, hat Hassan Abo Kaff seine Frau sowie seine beiden sieben- und fünfjährigen Kinder zurückgelassen. "Die Flucht wäre für sie zu gefährlich und auch zu teuer gewesen", so Kaff, der ein abgeschlossenes Wirtschaftsstudium mit Schwerpunkt Investment vorzuweisen hat. Ihm drohte der Einzug zum Militär. "Das Assad-Regime wollte mich zwingen, gegen meine Landsleute zu kämpfen", erklärte er den Grund für seine Flucht.


Übers Mittelmeer
In einem Gummiboot mit weiteren 45 Personen überquerte er das Mittelmeer, verbrachte zehn Tage in einem Flüchtlingscamp in Griechenland und überquerte bei Nacht die mazedonische Grenze. Danach ist er 210 Kilometer entlang einer Bahnlinie zu Fuß unterwegs gewesen und für viel Geld im Taxi durch Serbien und Ungarn bis nach München gefahren.
Mansur Mahmoud flüchtete nach dem Highschool-Abschluss vor dem drohenden Militärdienst in seinem Heimatland. Der Eritreer sagte: "Ich wollte frei sein. Ich musste einfach weg." Sein Weg führte über den Sudan und Libyen nach Lampedusa und von dort weiter nach Deutschland. In Gechingen hat er in der Zwischenzeit Arbeit gefunden. Er möchte im nächsten Jahr eine Ausbildung beginnen. Derzeit ist er auf der Suche nach einer kleinen Wohnung im Ort: "Damit ich es nicht so weit zur Arbeitsstelle habe."
Sehr eindrückliche Worte fand Samer Samra, der ebenfalls vor dem Militärdienst flüchtete, für seine Ängste und die Unsicherheit, in der er hier in Deutschland lebt. Bis heute weiß er nicht, ob sein Asylantrag bewilligt und was passieren wird, wenn dies nicht der Fall sein sollte. "Warten, warten, warten", waren seine Worte für die langwierigen Anhörungs- und Anerkennungsverfahren. "Ich möchte arbeiten und mein Leben wieder selbst in die Hand nehmen", sagte Samrae.
Dankbar sei er für den Einsatz der ehrenamtlichen Helfer, die ihm zum Teil zu guten Freunden geworden sind. Als die "beste Freiwillige in Deutschland" bezeichnete er Bettina Schöttmer.