Zum Hauptinhalt springen
Maria von Linden Calw Gymnasium

"Schule und KI - wird jetzt alles anders?" - sehr beeindruckende Veranstaltung der Reihe "Kultur im Foyer"

Vom Umgang mit dem Geist aus der Flasche – Schule und KI

 Es waren markige Sätze, die Florian Nuxoll, Experte für Medienbildung und Digitalisierung im Bildungswesen, selbst Lehrer und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Tübingen, bei der zweiten Veranstaltung der Reihe „Kultur im Foyer“ zum Besten gab: „Die Künstliche Intelligenz wird in den nächsten 10 Jahren das Bildungssystem nachhaltiger verändern als jede andere Innovation seit Einführung der allgemeinen Schulpflicht“. Und er blieb auch keine Beweise schuldig, indem er seine Thesen nachhaltig und ausführlich belegte und das Publikum zum Staunen brachte. „Die Karten sind gespielt, der Geist ist aus der Flasche“, so Nuxoll, es stelle sich also nicht die Frage, ob, sondern wie KI die Schullandschaft verändern werde.

Anhand eines „Hype-Cycles“ erläuterte er die verschiedenen Phasen im Umgang mit KI, der anfängliche technologische Auslöser, der darauf folgende Gipfel der überzogenen Erwartungen an die KI, das Tal der Enttäuschungen, der Plan der Erleuchtung und letzten Endes das Plateau der Produktivität. Das „Tal der Enttäuschungen“ zeigte er an verschiedenen Beispielen auf, wie z.B. die Aufforderung an die KI, ein Bildnis von Yoda zu generieren, der von sich ein Selfie macht, oder das Bearbeiten der Abiturprüfungen 2022 durch Chat GPT. Bei den ersten Bildern im März 2022 hatte Yoda mehrere Augen und viele Nasen und die Abiturprüfungen wurden, bis auf das Fach Geschichte, alle von der KI unterpunktet. Doch der Plan der Erleuchtung ließ nicht lange auf sich warten, ein Jahr später bereits gab es die perfekten Selfiebilder von Yoda im März 2023 und die Abiturprüfungen wurden alle zweistellig benotet. Die KI ist also lernfähig und das in einem absolut rasanten Tempo.

Für das Publikum definierte er die Frage, was denn künstliche Intelligenz überhaupt sei? Mit der KI imitiere man mit dem Computer Fähigkeiten, für die ein Mensch Intelligenz benötigt.

Wie kann man also die KI für die Schule nutzen? An Beispielen wurde deutlich, wie schnell die KI einen Kommentar verfassen kann, z.B. zu den sozialen Medien, wie unproblematisch Arbeitsblätter mit verschiedenen Antwortmöglichkeiten generiert werden können und wie geräuschlos ein Videodokument kreiert werden kann, in der eine Person, ihrem Alter entsprechend, zu einem Thema Stellung bezieht. Nuxoll zeigte aber auch in weiteren Beispielen auf, was das für die Gesellschaft bedeutet: Eine Klageerwiderung von der KI schreiben lassen? Ein Haus planen lassen durch KI? Alles kein Problem, wenn man berücksichtigt, dass diese Ergebnisse natürlich noch überprüft und verbessert werden müssen.

Ist das nun eine Dystopie oder eher eine Utopie in der Schule? Schnell wird deutlich, dass sich in der Schule unsere Prozesse verändern müssen, nicht mehr das fertige Produkt, sondern der Prozess hin zu dem Produkt sollte in den Mittelpunkt geraten. Nuxoll findet nichts Verwerfliches daran, dass eine Hausarbeit im Seminarkurs teilweise mit Hilfe der KI erarbeitet wird, da z.B. bereits Verfasstes überprüft werden kann bzw. Gliederungsvorschläge dem Schüler weiterhelfen können. Deutlich macht er aber, dass es, sobald es um das Thema „Quellen“ geht, die KI versagt. Chat GPT erfindet irgendwelche Listen mit Namen von Autoren und Titeln, die es nicht gibt. Das ist kein wissenschaftliches Arbeiten, wie es die Schulen nun mal einfordern.

Doch wenn die KI Teile der Hausarbeit anfertigt, welche Aufgaben bleiben dann für den Schüler zurück? Welche Kompetenzen sind diejenigen, die unsere Schüler brauchen? Nuxoll bringt es auf den Punkt. „Unsere Schülerinnen und Schüler benötigen, wie noch nie zuvor, eine Informationskompetenz, eine Recherchekompetenz, ein demokratisches Verständnis und ein verlässliches Orientierungswissen, das sie befähigt, die Ergebnisse der KI zu überprüfen und diese kritisch zu hinterfragen. Das Zitat von Marie Ebner-Eschenbach „Wer nichts weiß, muss alles glauben“ unterstützt seine Forderung. Chat GPT kann beim Lernen helfen oder Lernen verhindern – die Frage ist, was der Lernende will.

Mit der Metapher des Hammers wird dieses Bild verdeutlicht: KI ist ein Werkzeug – mit diesem kann ich sinnbildlich einen Nagel in die Wand schlagen oder den Nachbarn erschlagen. Wie ich dieses nutze, ist von dem Menschen vor dem Computer abhängig, und deswegen wäre auch eine Ethik- und Moraldiskussion über KI notwendig.

In der anschließenden Diskussion spielte dieses Thema auch eine große Rolle, auch die Frage, welche Berufe es in Zukunft noch geben werde. „Wir müssen uns verabschieden von dem Gedanken, dass wir in 10 Jahren noch die gleichen Berufe haben wie heute.“ Dem Handwerk wurde eine Renaissance vorausgesagt, da die KI zwar vieles könne, nicht aber die menschliche Handarbeit ersetzen.

Markus Leukam, Organisator von „Kultur im Foyer“, dankte Florian Nuxoll für den tiefen Einblick in die zwei Gesichter der Technologie, bevor die Zuschauer nachdenklich, aber sehr gut informiert den Nachhauseweg antraten.